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Zum Endergebnis der Wahl
NU - Ausgabe Nr. 30 (4/2007)
von Erwin Javor
25. November. Ein typischer Sonntag im Spätherbst. Es ist draußen kalt und windig. Das Wiener Derby und die Auslosung für die Fußball-Weltmeisterschaft werden im ORF direkt übertragen. An so einem Tag sollte man das Haus nicht verlassen, sondern stattdessen spät frühstücken und den Tag in bequemer Kleidung faulenzend verbringen. Aber — wie man so schön zu sagen pflegt — der Mensch denkt und Gott lenkt. Schon in aller Herrgottsfrüh wecken mich Mitglieder einer an sich sympathischen wahlwerbenden Gruppe und fordern mich auf, meine demokratische Pflicht prompt zu erfüllen und meine Stimme und auch die meiner lieben Frau im Wahllokal 4 rasch abzugeben. Schließlich und endlich ginge es um die Wurst und meine Stimme und natürlich auch die meiner lieben Frau würden über die Zukunft der Juden in Österreich entscheiden.
Und so kam es, wie es kommen musste. Meine liebe Frau und ich haben an diesem trüb-nassen Tag einen wertvollen Beitrag zur Stabilisierung der IKG geleistet.
Immerhin waren 5.352 (sic!) Juden wahlberechtigt und hatten an 3 verschiedenen Tagen die Gelegenheit ihre Stimme in 7 (sic!) verschiedenen Wahllokalen abzugeben. Schlussendlich kamen dann rund 2.900 Mitglieder zur Wahl und bestimmten den Kurs der Kultusgemeinde für die nächsten fünf Jahre. Die Wahlbeteiligung lag trotz eines heftigen Wahlkampfs mit 55 % sehr niedrig und es gelang den 8 (sic!) Parteien nur zum Teil ihre Anhängerschaft zu mobilisieren.
Wenn man bedenkt, dass Tageszeitungen, diverse Magazine und der ORF über diese Pimperl-Wahl bereits im Vorfeld mehrfach berichtet haben, kann man die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und der Realität nachvollziehen. Tagtäglich werden jüdische Angelegenheiten in der breiten Öffentlichkeit diskutiert. Ob es um den Eruw, die Asylantenfrage, den Moscheebau oder die Weltpolitik geht, Dr. Muzicant, der bekanntlich kein Interview verweigert, hat immer eine Antwort parat. Da muss natürlich in der Bevölkerung der Eindruck entstehen, dass wir Juden eine mächtige und einflussreiche Gruppierung in Österreich sind. Das Gegenteil ist der Fall. Vor dem Krieg lebten hier rund 200.000 Juden. Sie hatten einen hohen Anteil an der kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes. Heute leben nur noch ca. 9.000 Juden in Österreich und beweisen trotzig alleine durch ihre Existenz, dass Hitler den Krieg verloren hat. Dazu kommt, dass unsere Gemeinde überaltert ist. Außerdem haben wir mit Armut und der dringend notwendigen Integration von Zuwanderern zu kämpfen. Man kann nur hoffen, dass die neue Führung der IKG nunmehr in der Lage sein wird, eine realistische Einschätzung unserer tatsächlichen Situation zu finden. Größenwahnsinnige Investitionen müssten zudem neu überdacht und bewertet werden. Im
Übrigen bin ich der Meinung, dass die Kosten unserer derzeitigen und noch geplanten Infrastruktur nicht mehr seriös zu finanzieren sind. Und wir alle sollten vermeiden, vom Wohlwollen der heutigen oder auch jeder zukünftigen österreichischen Regierung abhängig zu sein.
Erwin Javor
PS:
Am Wahltag trennten sich Austria und Rapid 0:0