NU - Kommentare

Soll die OMV Geschäfte mit dem Iran machen? - CONTRA

NU - Ausgabe Nr. 31 (1/2008)
von Erwin Javor

Kurt Karlitzky, ein väterlicher Freund, hat mir vor Jahren seine Geschichte erzählt. Er hatte sich 1939 als Vierzehnjähriger entschlossen, aus Österreich zu fliehen. Er wurde als Kind von der Weltanschauung der Haschomer Hazair, einer links stehenden zionistischen Jugendbewegung, geprägt. Und so entfloh er illegal, ohne Eltern und vollkommen allein auf sich gestellt in die Tschechoslowakei, um schließlich nach Palästina zu gelangen. Kurz vor seiner Flucht besuchte er noch einige Freunde, um sich von ihnen zu verabschieden. Als er gerade dabei war, seinen Klassenkameraden Harry Mandl, der am Engelsplatz wohnte, in seinen Fluchtplan einzuweihen, mischte sich dessen Vater in das Gespräch ein und erklärte Kurt, dass sein Vorhaben unsinnig wäre und wollte ihn davon abbringen.

„Schau, warum sollen die Nazis uns umbringen? Das ist doch unlogisch. Schließlich brauchen sie unser Wissen, unsere Erfahrung in vielen Bereichen, zumindest aber unsere Arbeitskraft. Allerschlimmstenfalls werden wir im Straßenbau eingesetzt, und dann werden uns die Nazis doch ernähren müssen, denn schließlich und endlich wäre es doch unlogisch, Arbeitskräfte verhungern zu lassen.“

Als Kurt Karlitzky nach Kriegsende nach Wien zurückkehrte, war die Familie Mandl im wahrsten Sinne des Wortes vom Erdboden verschwunden und andere lebten fortan in der Wohnung der Mandls am Engelsplatz.

Diese Geschichte fiel mir ein, als ich vor kurzem mit Freunden über die Drohungen des Iran, Israel von der Landkarte auszumerzen, diskutierte. Erbittert über die Unverfrorenheit der heimischen OMV, mit dem Iran einen Deal abzuschließen, der dem Mullah-Regime helfen soll, ein Erdgasfeld zu erschließen und die Teilnahme an dem europäischen Pipelineprojekt Nabucco zu ermöglichen, gab ich zu bedenken, dass im Iran gerade eine nuklear bestückbare Mittelstreckenrakete im Bau ist. Ich empörte mich über die Heuchelei, siebzig Jahre nach dem „Anschluss“ zahlreiche Gedenkveranstaltungen über ermordete Juden auszurichten und sich gleichzeitig wieder schuldig zu machen, in dem man die bekennenden Judenmörder von morgen mit einem Geschäftsvolumen von 22 Milliarden Euro finanziert. Business as usual. Hauptsache die Kassa stimmt.

Man wollte mich beruhigen. Einerseits würde Israel doch sicher über eine geeignete Raketenabwehr verfügen – ja, wirklich? Die hilft ja auch ganz wunderbar gegen den Beschuss Israels aus dem Gazastreifen. Und andererseits wäre es doch unlogisch, Israel zu vernichten. Was hätte der Iran denn schon davon?

Also gut: sagen wir einmal, wir glauben, dass das Iran-Regime logisch denkt und vorgeht. Dann müssen wir doch dessen Herrschern auch glauben, was sie sagen und sie ernst nehmen. Das hätte uns schon bei „Mein Kampf“ weitergebracht. Also hören wir den logischen Denkern im Iran einmal zu, statt zu glauben, sie interpretieren oder gar verstehen und ihre Handlungen voraussagen zu können:

„Die Holocaust-Frage wird in der Zerstörung Israels ihr Ende finden.“ (Mohammad Ali Ramin, Leiter des staatlichen Instituts im Iran, das sich der Holocaustleugnung widmet, 2007)

„Wenn sich alle Juden in Israel versammeln, erspart es uns den Ärger, sie weltweit zu verfolgen.“ (Hassan Nasrallah, Führer der vom Iran finanzierten Hisbollah des Libanon, 2006)

„Es gibt nur eine Lösung für das Nahost-Problem: die Vernichtung und Zerstörung des jüdischen Staates.“ (Ali Khameini, der Nachfolger von Ayatolla Khomeni, 1999)

Damit nicht genug, diesem hehren Ziel wird sogar eine so hohe Priorität beigemessen, dass nicht einmal der Preis der Selbstzerstörung zu hoch wäre:

„Wenn eines Tages die islamische Welt ebenfalls mit Waffen ausgestattet ist …. schon der Einsatz einer einzigen Atombombe im Inneren Israels wird alles vernichten. Selbst wenn dies der islamischen Welt Schaden zufügen wird.“ (Expräsident Ali Akbar Hameschi Rafsanjani, 2001)

„Wir beten nicht Iran an, wir beten Allah an… ich sage, soll der Iran brennen, soll dieses Land in Rauch aufgehen, vorausgesetzt, der Islam erweist sich als siegreich.“ (Khomeini, 1980)

Was müssen die Mullahs denn noch alles tun und sagen, dass wir ihnen endlich glauben? (Wer es noch genauer ausgeführt lesen möchte, dem empfehle ich das von Stephan Grigat und Simone Dinah Hartmann herausgegebene Buch „Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer“ mit einem Vorwort von Leon de Winter und einem Geleitwort von Henryk M. Broder, Studienverlage, 2008.) Für Wolfgang Ruttenstorfer, Generaldirektor der OMV, ist das gar nichts. Er findet nichts dabei vor dem Hintergrund der OMV-Firmengeschichte mit „Gaskammernleugnern Gasgeschäfte“ (Christian Ortner) zu machen – bekanntlich haben Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge während der Hitlerzeit die Effizienz der Raffinerie zum Wohle des Dritten Reichs tatkräftig gesteigert. Er findet das Regime im Iran so in Ordnung, dass er in ihm einen verlässlichen Partner für langfristige Verträge sieht. Der selbe, auch noch sozialdemokratische, Wolfgang Ruttenstorfer, der noch vor wenigen Jahren Mitglied der Bundesregierung war, machte sich in seinem Vortrag im Forum Alpach 2002 Gedanken über die Frage „Macht sich ethisches Verhalten bezahlt?“ Und das ist dabei herausgekommen? Wolfgang, mir graut vor dir!

Unsere Bundesregierung hat sich seither nicht sonderlich gebessert: Während Ahmadinejad, wie seine Vorgänger, unermüdlich die Auslöschung Israels fordert, applaudiert auch unsere aktuelle Bundesregierung, wie ihre Vorgänger, mitsamt den Oppositionsparteien, den Holocaustleugnern und der OMV, an der der österreichische Staat nicht unwesentlich beteiligt ist, zu dem lukrativen Milliarden-Deal. Und den Iran freut es. Wie es der Präsident der iranischen Wirtschaftskammer, Ali Naghi Khamoushi im November 2006 formulierte: „Österreich ist für uns das Tor zur EU“. Insgeheim wissen natürlich beide Seiten, wie hilfreich wirtschaftliche Entwicklungshilfe in weiterer Folge für den militärischen Aufbau des Nuklearprogramms ist.

Ich behaupte, dass der Westen mit humanistischem, rationalem, logischem Denken auf dem Holzweg ist, denn Logik im Iran funktioniert anders. Ist die Welt vielleicht schon wieder einmal blauäugig und ethnozentrisch auf dem Weg in katastrophale Folgen? Die wirklich logische Frage lautet: Was wäre ein sinnvoller Weg, um das zu verhindern?

„Nett“ sein mit aggressiven Diktaturen hilft nichts. Es wird als Zeichen der Schwäche gelesen. Diktatoren verstehen „nett“ sein nicht. Hitler hat „nett“ sein, die Appeasement-Politik von 1938, als ihm von der internationalen Gemeinschaft keinerlei Widerstand entgegengesetzt wurde, auch missverstanden und ganz entgegen den Intentionen der gut meinenden Völkergemeinschaft, missbraucht. Man muss sich immer in der Sprache seines Gegenübers verständigen, um verstanden zu werden.

Hätten wir unsere Lektion gelernt, würde das bedeuten, keine Geschäfte mit den iranischen Mullahs zu machen und keine europäische Kollaboration mit diesem Regime zu befürworten, um es damit in die Schranken zu weisen und zu schwächen, anstatt zu stärken. Wie können sonst noch österreichische Firmen – inklusive meiner eigenen – guten Gewissens die OMV beliefern, wenn sie befürchten müssen, damit zum Kollaborateur der Mullahs zu werden? Wärmt mich dann noch das Gas, das aus Schwechat in meine Heizung strömt, oder wird es mich mehr und mehr frösteln?