NU - Mammeloschn

Mammeloschn für Griechenland

NU - Ausgabe Nr. 47 (1/2012)
Von Erwin Javor

Hoddeven ajn Loschek heißt: ein Pferd füttern. Warum erzähl ich Ihnen das? Damit auch Sie endlich die Griechenland-Krise verstehen und wie man sie löst. Sparen, sparen, sparen. Das wirkt immer. Das hat schon damals im Schtetl in Jablonic geholfen.

Dort gab es einmal einen armen Kutscher. Mordechai Ben Schmuel. Er war vom Pech verfolgt. Er musste Schulden machen und konnte sich nicht einmal mehr den Hafer für sein letztes verbliebenes Pferd leisten. Also war er gezwungen, das Pferd nach und nach einer Diät zu unterziehen. Jeden Tag bekam es ein bisschen Hafer weniger. Das Pferd hatte Verständnis, bockte nicht und arbeitete trotzdem brav weiter. Die Strategie war sensationell erfolgreich. Eines Tages brauchte das Pferd überhaupt kein Futter mehr, es war entwöhnt. Ja, manchmal vernahm Mordechai ein schwächliches Wiehern aus dem Stall, aber das verstand er. Schließlich hungerte und jammerte er ja auch selbst. Morgens schaute man einander wissend in die Augen und ging ans Tagewerk. Es war eben, wie es war. Aber eines Morgens blieb das Wiehern aus. Mordechai ging in den Stall und fand seinen vierbeinigen Leidensgenossen tot im Stroh. Verzweifelt und anklagend warf Mordechai die Arme in die Luft, sah mit Tränen in den Augen gen Himmel und rief: „Wieso, wieso, Gott, hast du mich verlassen?! Wieso, wieso habe immer nur ich Pech?! Wozu habe ich mir die ganze Mühe und Plage gemacht? Kaum habe ich das Pferd ans Fasten gewöhnt, holst du es zu dir und ich steh wieder da!“

Apropos Schuldenkrise und wus tojgt der Euro (Wofür braucht man den Euro?): Im selben Schtetl musste der Rabbiner eines Tages eine Dienstreise ins Nachbardorf antreten. Da Mordechai Ben Schmuel aus dem soeben erläuterten Grund den Beruf wechseln musste, war Reb Chaim gezwungen, einen anderen Balegule (Kutscher) zu chartern. Überraschenderweise war der Kutscher Jankele auch kurzfristig noch verfügbar. Der Rabbiner wollte gerade einsteigen, da bat ihn Jankele, er möge doch noch ein Weilchen neben der Kutsche gehen, bis das Pferd sich aufgewärmt hätte. Nach einer halben Stunde versuchte Reb Chaim abermals, in die Kutsche zu steigen. Der Balegule sah ihn nur vorwurfsvoll an: „Seht Ihr nicht die Steigung hier? Das arme, alte Pferd soll sich wohl zu Tode schinden? Helft ihm! Schiebt a bissele!“ Der Rabbiner ergab sich seinem Schicksal, stieg weiterhin nicht ein und schob. Etwas später führte die Straße bergab und Reb Chaim sah seine Stunde gekommen. Jankele nicht. „Was macht Ihr? Die Kutsche ist doch schon schwer genug. Stemmt Euch lieber dagegen, damit das Pferd nicht überrollt wird!“ Und so ging die Reise weiter. Nach einigen Stunden kamen sie endlich im Nachbardorf an, Reb Chaim zahlte pflichtschuldigst den Fuhrlohn und fragte Jankele bescheiden: „Es is gewejn sejr schejn, obber sugt mir: Farwus hobn mir zwej gedarft den Loschek? (Es war sehr schön, aber sagt mir: Wozu haben wir beide das Pferd gebraucht?)

Was wollt’ ich jetzt eigentlich sagen? Ach ja, Griechenland.

Im selben Schtetl kannte man zwei Jeschiwe-Bocher (Rabbinatsschüler), die viel und gern über Gott und die Welt klärten (philosophierten). Eines Tages diskutierten Moische und Schloime über Telekommunikation: „Wie funktioniert Telegrafie?“ – „Ganz einfach: Stell dir einfach riesiges Pferd vor. Der Schwanz ist in Kreta und das Maul in Athen. Wenn man den Loschek in Kreta fest am Schwanz zieht, dann wiehert er in Athen.“ – „Aha, und was ist dann drahtlose Telegrafie?“ – „Ganz einfach: Das Ganze ohne Loschek.“