NU - Dajgezzn

Zehn Fragen oder was wir von Rot-Schwarz lernen

NU - Ausgabe Nr. 34 (4/2008)
Der Zweierkommentar von Erwin Javor und Peter Menasse

Menasse: Bevor wir heute zu dajgezzen beginnen, muss ich dich auffordern, mir zehn Fragen zu beantworten.

Javor: Deine Vorfahren scheinen am Berg Sinai nicht aufgemerkt zu haben, anderenfalls wüsstest du, dass es „zehn Gebote“ heißt.

Menasse: Nein, horch zu: Ich halte es mit Josef Pröll. Bevor wir weitere Verhandlungen in großer Runde führen, will ich sichergehen, dass du es ernst mit mir meinst.

Javor: Was willst du denn von mir wissen?

Menasse: Also ich habe hier einen Zettel mit meinen Fragen: 1. Zahlst du meinen Kaffee? 2. Hast du die feste Absicht, heute endlich einmal lustig zu sein und nicht wieder mit meinen Schmähs hausieren zu gehen? 3. Akzeptierst du, dass alle Beiträge beim Dajgezzen von mir kommen? 4. Bist du damit einverstanden, dass hingegen sämtliche Rechtschreibfehler dir zugeschrieben werden?

Javor: Halt, halt. Vorher musst du mir bestätigen, dass wir ohne Wenn und Aber gegen die Schließung der regionalen Kaffeehäuser in Österreich einschreiten. Ich fordere eine Universaldienstverordnung für alle Beisln des Landes. Kein Oberkellner und kein Piccolo darf gekündigt werden.

Javor: Das kannst du nicht verlangen. Meine steirischen Freunde würden nie akzeptieren, dass die Cafés verstaatlicht werden. Sie bringen gerade ihre Backhendlstationen unter dem Markennamen „Blindes Huhn AG“ an die Börse. Das nenn ich mir ein „future“.

Javor: Na gut, aber wenigstens unser Stammcafé gehört der Kultursektion des Unterrichtsministeriums einverleibt. Wenn wir dann hier „a Theater“ haben, lassen wir uns eine Subvention bewilligen. Ansonsten bin ich mit allen Forderungen einverstanden, wenn ich nur oben als Autor stehen darf.

Menasse: Ich merke, du bist stolz, aufrecht und weise wie Werner Faymann. Herr Ober, noch eine Melange. Alles auf die Rechnung vom Javor.

Javor: Herr Ober, Sie brauchen sich nicht beeilen, ich habe soeben per Verordnung ihren ganzen Berufsstand pragmatisiert. Nur die Hacklerregelung gilt für sie nicht. Weil zu viel hackeln kann man Ihnen wirklich nicht vorwerfen.

Menasse: Jetzt hast du ihn gekränkt.

Javor: So viel Kränkung, wie ein durchschnittlicher Wiener Ober einem während eines langen Lebens zufügt, kann man bei größter Anstrengung nicht zurückgeben.

Menasse: Aber wie auch immer, fangen wir endlich mit dem Dajgezzen an.

Javor: Sag, was ist eigentlich ein Lebensmensch?

Menasse: Wenn zwei sich mögen und einer stirbt, ist einer ein Lebensmensch und der andere ein toter Mensch.

Javor: Hoffentlich hast du jetzt nicht die Kärntner Seele gekränkt und wir bekommen dort in jedem Wirtshaus Lokalverbot.

Menasse: Die Kärntner Seele ist enorm sensibel. Ich habe seit Maria Schell, genannt das „Seelchen“, niemand so schön weinen sehen wie diesen Herrn Stefan Petzner.

Javor: Wenden wir uns von Kärnten ab. Ist ja eigentlich ein unwichtiges Bundesland. Let´s change.

Menasse: Du willst von Obama reden?

Javor: Nein, von den Mittelparteien, die Martin Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt haben. Was treibt diese Leute?

Menasse: Sie sagen, es wäre eine „Usance“, dass sich die drittstärkste Partei den Kandidaten aussuchen darf.

Javor: Diese Usance muss aber relativ neu sein. Meine Vorfahren waren ja im Gegensatz zu den Deinen am Berg Sinai, haben mir allerdings von einer solchen Regel nichts erzählt.

Menasse: Jedenfalls ist jetzt ein rechtsextremer, schlagender Burschenschafter einer der wichtigsten Vertreter Österreichs.

Javor: Nu, immerhin etwas, wo sich die Roten und Schwarzen einig sind.

Menasse: Ja sonst streiten sie ja wieder auf das Allerfeinste. Apropos, was glaubst du, wie lange die neue Regierung halten wird?

Javor: Ich fürchte, das wird eine Lebensmensch-Geschichte. Nur, dass am Ende beide mausetot sind.