NU - Dajgezzn

Old Jews telling jokes

Menasse: Ein Freund hat mir erzählt, dass in New York derzeit eine sensationelle Show läuft: „Old Jews telling jokes“.

Javor: Das sollten wir in Wien machen. Da könnten wir endlich einmal harmonisch zusammenarbeiten. Du gibst den „old Jew“ und ich erzähle Jokes.

Menasse: Das erinnert mich an das Joint Venture vom Huhn mit dem Schwein zur Erzeugung von Ham & Eggs. Das Huhn gibt ein Ei, das Schwein den Schenkel. Also ich verzichte lieber auf solche Geschäfte. Notabene, wo ich deine schlechten Witze ohnehin schon alle kenne.

Javor: Gut, dann reden wir über was Ernstes, zum Beispiel die vielen Komiker, die zu Wahlen antreten.

Menasse: Du meinst Grillo in Italien. Den finde ich nur mäßig lustig. Berlusconi ist der deutlich komischere Darsteller.

Javor: In Österreich würde ich gerne Joesi Prokopetz als Kandidat bei den Nationalratswahlen haben. Dann wüsste ich endlich, wen ich wählen soll.

Menasse: Was aber machst du, wenn Andi Vitásek als sein Gegner antritt? Dann stehen wir nämlich wieder in verschiedenen Lagern.

Javor: Ich will eigentlich gar keine politischen Kabarettisten im Parlament. Weder Vitásek noch Prokopetz, weder Maurer noch Dorfer sind zugelassen. Die haben ja alle eine weltanschauliche Meinung. Und so was hat in unserem Parlament keinen Platz.

Menasse: Aber unpolitische Clowns sitzen ja derzeit schon zur Genüge in wichtigen Positionen oder schicken sich an, die Versteiermarkung des politischen Lebens voranzutreiben. Was hältst du von Niavarani als Kandidat?

Javor: Niavarani lasse ich knapp noch gelten.

Menasse: Als was? Als unpolitischen Kabarettisten oder als politischen Clown?

Javor: Wenn du mir solche schwierigen Fragen stellst, nehme ich ihn wieder von der Kandidatenliste.

Menasse: Vielleicht einigen wir uns einfach auf Felbl. Den können wir bei Versagen mit der Bahn nach Budapest wegschicken.

Javor: Wir müssen die Sache ernster behandeln. Ich habe dich doch so lange studieren und zum Spindoctor ausbilden lassen. Du müsstest doch wissen, wie ein idealer Kandidat ausschaut und welche Inhalte er braucht. Menasse: Inhalte ist ein falscher Ansatz. Es geht ums Lächeln. Du musst täglich üben, damit deine Mundmuskulatur sich an stundenlanges, fortgesetztes Lächeln gewöhnt. Sonst kriegst du schnell mal einen Grinsekrampf im Gesicht.

Javor: Umgekehrt musst du auch lernen, das Lächeln abzustellen. Denke nur an Kranzniederlegungen und Begräbnisse. Das stelle ich mir schwierig vor: Immer lächeln, plötzlich trauern.

Menasse: Bei Naturkatastrophen lenkt man gut vom Grinsen ab, wenn man grellgelbe Stiefel anzieht. Das ist dann schon die höhere Schule der politischen Kunst.

Javor: Ein idealer Kandidat lächelt also, trägt gelbe Stiefel und hat keine Inhalte. Wenn er doch einmal gezwungen ist, etwas zu sagen, schreibt er einfach die Texte seiner Konkurrenten ab.

Menasse: Da muss man nur wegen der Plagiatsjäger aufpassen.

Javor: Die Plagiatsjäger haben noch nicht gemerkt, dass die Aussagen unserer Politiker vollkommen austauschbar sind. Wenn oben nicht steht, wer es gesagt hat, kann man es einfach nicht zuordnen. So könnten sie auch gar nicht feststellen, von wem das Original und von wem das Plagiat ist.

Menasse: Ich befürchte, das Abschreiben pflegen nicht nur Politiker und Studenten, sondern auch die Kabarettisten.

Javor: Das stimmt. Ich habe einmal einem Kabarettisten einen Witz erzählt. Er hat mich beglückwünscht, herzlich gelacht und im Aufstehen gesagt: „Der ist morgen von mir.“

Menasse: Gelbe Stiefel, immer lächeln, keine Inhalte, das macht den idealen Politiker. Ich sag dir was: Wir nehmen unsere violette Legende Toni Polster. Der kann wunderbar grinsen und sogar singen.

Javor: Aktueller wäre Austria-Trainer Peter Stöger. Er macht uns zu Meistern.

Menasse: Nein, ich widerspreche. Erstens scheint Stöger klug zu sein, das ist vollkommen unpassend für die Stelle und was mehr wiegt: Er hat schon mal bei Rapid gespielt, und das geht nun wirklich nicht.

DAJGEZZEN UND CHOCHMEZZEN*

* dajgezzen: sich auf hohem Niveau Sorgen

machen; chochmezzen: alles so verkomplizieren,

dass niemand – einschließlich

seiner selbst – sich mehr auskennt.