NU - Dajgezzn

Über Lobbyisten und ihre Sprache

NU - Ausgabe Nr. 43 (1/2011)
Der Zweierkommentar von Erwin Javor und Peter Menasse

Javor: Herr Ober, bitte servieren Sie für den Menasse den Kapuziner nicht im Glas, sonst zerstört er das auch noch. Wenn schon, dann geben Sie ihm ein Glas ohne Klebstoff.

Menasse: Herr Ober, ich will keinen Kapuziner. Wenn ich mit Javor zusammensitze, ist ein milder Beruhigungstee angebracht.

Javor: Bringen Sie ihm jedenfalls keine wertvollen antiken Dinge, die über 15 Jahre alt sind. Verräumen Sie das Porzellan und reichen Sie nur frische Semmeln. Nicht die alten wie sonst, die zerbröseln in seiner Hand und dann muss wieder ein gerichtlich beeideter Sachverständiger her, der bestätigt, dass man die alten Semmeln im Darm nicht beschädigungsfrei abbauen kann.

Menasse: Jetzt gehe ich in die einzige Oase der Ruhe, die mir derzeit gegönnt ist, ins Kaffeehaus, kann dort ohnehin keine Zeitungen mehr lesen und dann treffe ich dich. Strafverschärfung ist ein Hilfsausdruck dafür. Wenn du aber jetzt weiter stänkerst, schreibe ich noch einen Kommentar, in dem ich beinhart aufdecke, dass du als Kind beim Fußballspielen nicht ein einziges Mal den Ball getroffen hast. Und du hast es über zehn Jahr hindurch versucht.

Javor: Das ist zugegeben nicht meine Begabung. Ich bin ein Lobbyist. Wenn du mir jeden Monat, sagen wir mal, täglich meine zwei Mokkas zahlst und im Vorfeld hier vor Zeugen beim Ober das Geld deponierst, werde ich dich aus der ganzen Misere befreien. Immerhin bekomme ich schon die Mehlspeisen von einem meiner Kunden bezahlt, den ich als seriöser Lobbyist nicht nennen darf, weil ich vor Kultusratsmitgliedern immer schlecht über ihn spreche, was seine Popularität und Reputation ungeheuer erhöht. Er ist in den Listen für die nächsten Wahlen schon ganz weit nach vorne gerutscht.

Menasse: Vor mir brauchst du nichts verborgen halten, mit mir kannst du offen Deutsch sprechen, wer ist es also?

Javor: Der Deutsch braucht keinen Lobbyisten, seine überragende Persönlichkeit und Weisheit sprechen für sich selbst.

Menasse: Apropos sprechen. Für österreichische Lobbyisten und Politiker dürfte gelten, dass sie schlecht Englisch sprechen. Glaubst du, dass das ein Auswahlkriterium für international tätig werdende Spitzenpolitiker ist? Oder ist das nur der Ausdruck dafür, dass unser Land so klein ist?

Javor: Das schlechte Englisch entsteht dadurch, dass Politiker schon sehr früh damit beginnen müssen, sich in den Parteigremien durchzusetzen. Willst du Bundeskanzler werden, geht das bereits in der Sandkiste los. Da bleibt keine Zeit fürs Lernen.

Menasse: Vielleicht bestünde eine Lösung darin, dass die Politiker untereinander Englisch sprechen. Es ist das ja auch kein Risiko, weil sie einander ohnehin auch auf Deutsch ständig missverstehen.

Javor: Sollen wir uns wirklich vorstellen, wie Faymann und Pröll auf Englisch einen Kompromiss verhandeln? Da sagen Sie auf gut Österreichisch normalerweise „Mia wern kan Richter brauchen“ oder „Die Sache ist im Gange.“

Menasse: Geht doch: „We will not need a judge. The matter is in the passageway.“

Javor: Als Weinbauer denkt sich Josef Pröll dann sicher: „I sing him once again the Reblaus and than I have the contract.“

Menasse: Und Faymann kontert kraftvol aus dem Lied der „Arbeiter von Wien“: „We are the taylor of the coming harvest, we are the future and we are the action.“

Javor: So klein, wie wir jetzt tun, kann man sich sein Heimatland auch wieder nicht vorstellen, außer man stammt aus Vorarlberg.

Menasse: Ist Vorarlberg denn so klein?

Javor: Nein so klein ist es nicht. Ich habe zu Hause eine große Landkarte, da ist nur Vorarlberg drauf.

Menasse: In Geografie kennst du dich so gut aus wie im Fußball. Also es gibt bekanntlich bedeutende Menschen, die aus Vorarlberg unbedingt weg wollen, weil es ihnen dort „too small“ ist.

Javor: Ein jüdisches Museum in einem Bundesland ohne Juden ist einem ehrgeizigen Deutschen halt einfach „too little.“

Menasse: Hör endlich auf über jüdische Museen zu reden, ich habe doch den ehemaligen Vizekanzler Gorbach gemeint.