NU - Dajgezzn

Mossadgeflüster im Kaffeehaus

NU - Ausgabe Nr. 20 (2/2005)
Der Zweierkommentar von Erwin Javor und Peter Menasse

Menasse: Herr Ober, einen Mokka bitte.

Javor: Grüß dich. Mich beschäftigt heute schon den ganzen Tag die Frage, wie der Mossad wohl seine Agenten auswählt?

Menasse: Ich habe keine Ahnung. Was glaubst du denn?

Javor: Wie sich zeigt, muss es ein unauffälliger, verschwiegener, leiser Mensch sein. Also einer, der nie in die Öffentlichkeit drängt. Deswegen nennt man so jemanden ja auch Maulwurf.

Menasse: Ach so, du sprichst von Peter Sichrovsky.

Javor: Genau. Mich erinnert diese seltsame Affäre an einen jüdischen Witz: Mitten in der Nacht klopft es an der Wohnungstür eines Hausbewohners. Von innen fragt der Wohnungsbesitzer: „Wer ist da?“ Daraufhin flüstert der Unbekannte die Parole „Der gelbe Papagei hat grüne Federn bekommen.“ Sagt der Wohnungsinhaber: Hier wohnt der Kulturredakteur Sichrovsky, der Spion Sichrovsky wohnt im zweiten Stock rechts.“

Menasse: Was hat der Sichrovsky in seiner gefährlichen Arbeit als Agent wohl herausgefunden?

Javor: Er hat in geheimer Mission und unter Einsatz aller Spesen entdeckt, dass es in dieser Partei echte Antisemiten gibt.

Menasse: Ich sehe ihn vor mir, wie er das aufgeregt vom FPÖ-Sitzungszimmer aus mit einem Minisender dem Mossad mitteilt.

Javor: Dann hat er auch noch die teuersten Ticketpreise in der Business-class von Wien nach Bagdad recherchiert. Wenn der Karas noch lebte, würde er ehrfurchtsvoll die Zither auspacken.

Menasse: Welche Spione sich wohl noch in diesem BZÖ, dem Bund der zionistischen Österreicher verbergen? Glaubst du, dass Gudenus oder Kampl auch Spione sind?

Javor: Der Kampl scheint mir geeignet, der ist auch so ein ruhiger, intelligenter, zurückhaltender Mensch. Sagt nie was Unüberlegtes, der muss ein Mitglied eines Geheimdienstes sein. Slowenien vielleicht?

Menasse: Beim Gudenus ist es unwahrscheinlich, der würde sich nämlich die Parolen nicht merken können.

Javor: Langsam fragt man sich, welche Eigenschaften man haben muss, um von Wolfgang Schüssel in eine Koalition gebeten zu werden.

Menasse: Wie du schon gesagt hast: Es muss ein unauffälliger, verschwiegener, leiser Mensch sein. Wie man sich eben einen Maulwurf vorstellt. Und ein bisserl biegsam kann auch nicht schaden.

Javor: Im Ausland traut sich wahrscheinlich keiner mehr zu fragen, mit wem er da regiert, weil sonst nennt Schüssel das sofort „Sanktionen“ und ruft die Kronen Zeitung an.

Menasse: Na ja, so läuft es halt in Österreich, wenn gerade Gedankenjahr ist. Wir Österreicher sind immer schon aufgerufen gewesen, die Welt zu unterhalten.

Javor: Herr Ober, jetzt brauche ich einen Kamillentee.